Es ist erstaunlich, wie die Meinungen bezüglich Hypnose polarisieren. Die einen halten sie für völligen Humbug, die anderen setzen große Erwartungen in ihre Möglichkeiten. Das große Meinungsspektrum ist verwunderlich, denn schließlich ist Hypnose nicht der letzte Modeschrei sondern ein jahrtausendealtes Phänomen. Und gerade in den letzten 30 Jahren wird sie von Medizinern und Psychologen wissenschaftlich erfolgreich erforscht und ihre Wirksamkeit nachgewiesen.
Unser Bild von Hypnose ist leider durch Bühnenhypnotisierungen im Fernsehen oder in Shows bestimmt bzw. durch Berichte in der Presse.
Diese bieten dem Nicht – Fachpublikum ein unzureichendes und verzerrtes Bild der Hypnose. Der Bühnenhypnotiseur ist in erster Linie ein Showmaster und versteht es blendend, sein Publikum in Bann zu ziehen.
Auch ist es unmöglich, Menschen in Hypnose Aufträge gegen ihren Willen ausführen zu lassen. Es ist geradezu notwendig, sich willentlich in die Hypnose einzulassen, um sie erleben zu können. Auch während der Hypnosesitzung ist der Mensch Herr seines Willens und kann die Sitzung auch jederzeit abbrechen. Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen nur solchen Suggestionen folgen, die im Rahmen ihrer fundamentalen Interessen liegen. Es ist nicht möglich, Ihre Willenskraft durch Hypnose zu zerstören.
Die moderne Hypnose arbeitet nach den Vorstellungen von Milton Erickson, USA (1901-1980) – ein Pionier der wissenschaftlichen Hypnose. Er betont die Individualität jedes Menschen, was dazu führt, dass für jeden Klienten ein eigener Ansatz gefunden werden muss. Das „Unbewusste“ ist für Erickson eine unerschöpfliche Ressource zur Kreativität und zur Selbstheilung.
Hypnose ist ein geistiger Zustand, in dem man viel stärker auf Suggestionen reagiert, als es unter normalen Bedingungen möglich wäre. Während man in Hypnose ist, wird die Kraft der bewussten Kritik unterdrückt. Der Fokus der Aufmerksamkeit ist eingeschränkt und der Grad der Konzentration auf einen Punkt ist viel höher als im Wachszustand.
Das äußere Erscheinungsbild und Verhalten einer Person in Hypnose lässt nicht auf besondere Veränderungen schließen. Eine hypnotisierte Person vermittelt den Eindruck eines schlafähnlichen Zustandes. Mit geschlossenen Augen atmet sie ruhig und tief. Deshalb wird Hypnose auch gerne mit Schlaf in Verbindung gebracht und leitet sich auch semantisch von „Hypnos“ ab, dem Gott des Schlafes. Und trotzdem besteht heutzutage kein Zweifel mehr daran, dass Schlaf und Hypnose zwei verschiedene Bewusstseinszustände sind.
Ein wichtiger Unterschied zwischen Hypnose und Entspannung ist zuletzt die größere Vielfalt hypnotischer Reaktionen und Erfahrungen, von denen Entspannungsreaktionen nur einen Teil darstellen. Entscheidend für die hypnotherapeutische Erfahrung ist nicht die Entspannung, sondern die Veränderung der inneren Realität, die wir auch mit Phantasietätigkeit, Vorstellungen und Imaginationen beschreiben können. So ist es in Trance möglich, sowohl Entspannungsreaktionen zu erleben, wie etwa einen Spaziergang am Meer, es können aber ebenso gut aufwühlende Szenen nacherlebt werden, etwa ein Gefühl von Zorn aus der Kindheit. Bei Erleben von Wut und dergleichen ist dann die körperliche Reaktion auch nicht mehr die der Entspannung – also das Überwiegen des Parasympathicus, sondern es sind durchaus Reaktionen, die mit einer Erhöhung der sympathischen Aktivität einhergehen, wie Zunahme von Atem- und Herzschlagrate, von Blutdruck und Stresshormonen.
Aufgrund unterschiedlicher Problemkonstellationen und Fragestellungen, gibt es verschiedene Zugänge, um in Trance zu gelangen. Oftmals wünschenswert ist ein Trancezustand, der gleichzeitig Entspannung suggeriert. In dieser ruhigen Atmosphäre entwickeln sich gerne innere Bilder und Lösungen. Nicht jedem Menschen fällt es leicht, in Entspannung zu gelangen. Gerade auch dann, wenn uns Probleme oder Ängste umtreiben oder wir insgesamt ein hohes körperliches Anspannungsniveau haben. Auch je nachdem, was wir in Trance bearbeiten wollen, sind andere Spannungszustände des Organismus zielführender. Es gibt sehr viele Zugänge zum hypnotischen Zustand -sogenannte Tranceinduktionen. Dies können Stärkeinduktionen, verschiedene Bewegungsmuster, aber auch Induktionen sein, die die Unwillkürlichkeit des hypnotherapeutischen Prozesses unterstreichen.
Durch den Zugang zu unseren inneren Bildern gelingt es uns, unsere Vorstellungen, unsere Gefühle und unsere Erfahrungen in einem anderen Licht zu sehen. Meist sind die inneren Bilder variantenreicher wie unser Verstand und bieten uns andere Lösungsmöglichkeiten unserer Probleme an.
In Trance betrachtete Lebensabschnitte und Problemkonstellationen erscheinen vielfältiger und werden mitunter sehr kreativ angereichert. Auch werden uns die begleitenden Gefühle stärker bewusst, die wir dann auch modifizieren lernen.
Im hypnotischen Zustand können wir uns außerdem selber Anweisungen geben für ein gewünschtes Verhalten oder Handeln in der Zukunft. Dies funktioniert durch die Entwicklung passender Suggestionen. Wichtig für die Anwendung im Alltag sind die posthypnotischen Suggestionen.
Eine posthypnotische Suggestion ist eine Anweisung, die gegeben wird, während eine Person im hypnotischen Zustand ist. Es ist eine Anweisung für eine Handlung oder Reaktion, die nach der hypnotischen Erfahrung stattfinden soll.
Posthypnotische Auslöser sind Handlungen, Gedanken, Worte, Bilder oder Ereignisse, die eine posthypnotische Reaktion außerhalb der Trance hervorrufen. Die Reaktion kann eine Handlung , ein Gefühl oder auch eine innere körperliche Veränderung sein.
Posthypnotische Suggestionen müssen frühzeitig und wiederholt in den Trancesitzungen geübt werden, bevor sie willentlich zum gewünschten Zeitpunkt anwendet werden können. Je häufiger der Klient eine posthypnotische Anweisung in Selbsthypnose wiederholen, desto wirkungsvoller wird sie sein.
Wichtig ist, dass die Person ihr Ziel genau kennen muß. Der posthypnotische Auslöser und das Ziel müssen in logischer Verbindung zueinander sein.
Der hypnotische Zustand allein ist noch keine Therapie. Die Suggestionen, die in Trance erarbeitet werden, helfen nicht auf die Dauer ein Problem zum Verschwinden zu bringen. Man muss zusätzlich das Symptom, das man behandeln will, genau anschauen und seine Bedeutung verstehen.
Eine Krankheit und/oder ein Problem spielt sich meist auf drei Ebenen ab:
Erst wenn alle Ebenen angeschaut sind, ergeben sich Lösungen für den weiteren Weg.
Ziel einer jeglichen hypnotherapeutischen Behandlung sollte das Erlernen von Selbsthypnose sein. In entscheidenden Lebenssituationen ist der Mensch meist allein. Er muss in der Lage sein, sich selber helfen zu können. Dies kann es nur, wenn er gelernt hat, selbstständig mit seinen Problemen umzugehen. Wenn er selber in der Lage ist, Lösungen zu suchen und zu finden. Das Erlernen dieser Autonomie ist Teil sowohl der Hypnotherapie als auch jeglichen psychotherapeutischen Prozesses.