Entspannungsverfahren

Entspannungsverfahren

Wer unter starker emotionaler Anspannung steht, benötigt einen emotionalen Ausgleich, das heißt Bereiche oder Zeiten, in welchen er ohne emotionalen Stress sein kann.

Der Körper und die Psyche sind jeweils darauf bedacht, einer Anspannung jeweils eine Zeit der Entspannung folgen zu lassen.

Was ist eigentlich Entspannung? Im psychologischen Wörterbuch wird Entspannung  definiert als :“kurzfristiger oder länger anhaltender Zustand reduzierter metabolischer, zentralnervöser unbewusster Aktivität. Entspannung ist auf subjektiv-verbaler, physiologischer und motorischer Ebene mess- und definierbar. Entspannungszustände sind nicht mit Schlafphasen gleichzusetzen; Entspannung geht mit wachem Verhalten einher.“

Das Autogene Training (AT)

Schon 1920 beschäftigte sich ein Arzt aus Berlin, Dr. Schultz (1884 – 1970), mit der Ruhigstellung des Organismus. Als Mediziner und Psychotherapeut in eigener Praxis konnte er die heilenden Kräfte der Entspannung beobachten. Er entwickelte nun ein Verfahren, bei dem es möglich ist, eine Selbstversenkung zu erreichen – das Autogene Training ( AT ). Das Wort kommt aus dem Griechischen und heißt autos = selbst und genos = üben.

Ziel des AT ist es, durch konzentrative Selbstentspannung mit Hilfe von sechs Übungen, die aufeinander aufbauen und sich gegenseitig verstärken, „ sich immer mehr innerlich zu lösen und zu versenken und so eine von innen kommende Umschaltung des gesamten Organismus zu erreichen“ ( Zitat Schultz, 1967 ).

Das AT ist eine rationale Übungsmethode; das heißt, dass konzentratives Arbeiten für die richtige Technik des AT notwendig ist. Auf dem Wege der vorgeschriebenen Übungen gelingt es, sich immer mehr innerlich zu lösen und zu versenken. So wird eine von innen kommende Umschaltung des gesamten Organismus erreicht, die es erlaubt, Gesundes zu stärken, Ungesundes zu mindern oder ganz zu überwinden.

Man muss nur bereit sein, sich zu entspannen und sich von den Dingen des Alltags zu lösen.

Der moderne Mensch hat oft zu viel zu tun, und er tut es verkehrt. Er braucht ein Höchstmaß an Leistung und (ver)spannender Selbstbeherrschung. Daher „verkrampft“ er sich leicht, so dass schon die einfachsten Lebensäußerungen wie Atmung und Verdauung zum Beispiel Not leiden, und von einem entspannten Lebensgefühl oder gar einem höheren Seelenleben gar nicht mehr gesprochen werden kann.

Wer es gelernt hat, sich im AT zu lassen, der wird gelassen. Innere Sammlung und innere Sicherheit verdrängen die allzu menschliche Aufregung. Jede geistige Schulung nimmt auf das körperliche Geschehen Einfluss.

Der physiologische Ansatzpunkt des AT ist das vegetative oder auch autonome Nervensystem. Dies kann willentlich nicht in gleicher Weise wie das periphere Nervensystem beeinflusst werden. Mit dem peripheren Nervensystem haben wir Einfluss auf alle willkürlichen Momente, wie z. Bsp. Auf die Motorik. Wir können willentlich bestimmen, den Arm zu heben oder den Kopf zu drehen. Das vegetative Nervensystem hingegen reguliert vorwiegend das „ innere Milieu „ .Es ist für alle lebenswichtigen Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel, Verdauung und Sexualität zuständig. Es reguliert diese und passt sie den jeweiligen Bedürfnissen und Situationen an. Dafür stehen dem vegetativen Nervensystem zwei Teilsysteme zur Verfügung: Parasympathicus und Sympathicus.

Der Symphaticus wird bei Stress und Gefahr aktiviert. Dies bewirkt unter anderem, dass das Herz schneller schlägt. Die Pupillen erweitern sich, so dass mehr Licht in das Auge einfällt: Wir sehen besser. Der Blutdruck erhöht sich, ebenso der Muskeltonus und die Bronchien erweitern sich ( wir bekommen mehr Luft ). Wir sind also in Alarmbereitschaft und fähig, schnell zu reagieren. Das ist wichtig, wenn wir in Not sind ( wie z. Bsp. im Krieg oder auf der Flucht ).

Der Parasymphaticus bewirkt das Gegenteil. Der Herzschlag verlangsamt sich, die Pupillen verengen sich, die Darmtätigkeit wird angeregt, der Blutdruck sinkt, ebenso der Muskeltonus, und der Körper kommt zur Ruhe. Das ist umgekehrt wichtig für die Erholung des Körpers.

Bei körperlichem oder emotionalem Stress wird die Balance zwischen Parasymphaticus und Symphaticus gestört. Im Entspannungstraining lernen wir, diese Balance wiederherzustellen. Das Ziel ist eine normotrope, das heißt eine für eine Person ausgeglichene Reaktionslage.

Die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR)

Die PMR hat ihren Ansatzpunkt im willkürlichen Nervensystem, das wir gewohnheitsmässig beeinflussen können. Jeder Mensch kann willentlich den Arm heben oder die Muskeln anspannen. Der Begründer der Methode ist Dr. Jacobson (1885 bis 1976) – ein gebürtiger Schwede, der früh nach Amerika ausgewandert ist und als Internist in Chicago und New York praktiziert hat. Er beobachtete bei seinen Patienten , dass ein regelmässiges Entspannungstraining den Seelenhaushalt positiv beeinflusst. So schreibt er: “Ängstlichkeit findet keinen Platz in einem entspannten Körper.“

Bei Stress, Angst und Nervosität steigt der Muskeltonus deutlich an. Bei der PMR handelt es sich um ein Entspannungsverfahren, bei dem durch die willentliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreicht werden soll. Dabei werden nacheinander die einzelnen Muskelpartien in einer bestimmten Reihenfolge zunächst angespannt, die Muskelspannung wird kurz gehalten, und anschließend wird die Spannung gelöst. Die Konzentration der Person wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung gerichtet und auf die Empfindungen, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen. Ziel des Verfahrens ist eine Senkung der Muskelspannung und eine verbesserte Körperwahrnehmung.